Knochenaufbau für Zahnimplantate

Wenn der Kieferknochen nicht breit oder hoch genug ist, um ein Implantat sicher zu verankern, können Zahnimplantate trotzdem möglich sein. Es gibt die Möglichkeit, den Knochen in der Höhe oder der Breite aufzubauen.

Knochenersatzmaterial zum Aufbau des Kieferknochens

Knochenabbau nach Zahnverlust

Knochen, der nicht benötigt wird, baut sich ab. Beim Kieferknochen passiert das, sobald ein Zahn ausgefallen ist. Je länger der Zahnverlust also zurück liegt, desto mehr schwindet der Knochen. Manchmal ist aber auch ohne Zahnverlust nur wenig Knochen vorhanden. Zum Beispiel im Seitenzahnbereich des Oberkiefers ist das häufig der Fall.

Oft können bei zu wenig Knochen schmale Implantate oder kurze Implantate verwendet werden. Wenn nicht, ist ein Knochenaufbau die einzige Option, um Zahnimplantate zu setzen.

Wann muss ein Problemzahn raus?
Knochenabbau: Nach Zahnverlust geht's schnell

Knochenaufbau während der Implantation oder vorher

Ein Knochenaufbau kann ein kleiner Eingriff während der Implantation sein. Je nach Ausgangssituation des Patienten kann der Aufbau auch eine Herausforderung für den Behandler (und für den Patienten) darstellen und erfolgt in einer OP vor der eigentlichen Implantation.

Fehlt der Knochen in der Höhe oder in der Breite?

Kieferknochen
Ist der Knochen nicht hoch genug?
Kieferknochen
Oder reicht die Breite des Knochens nicht aus?

Ein Knochenaufbau kann nötig sein, wenn der Knochen in der Breite (sagittal, transversal) nicht ausreicht. Zwar kann man einen Knochenaufbau bei der Wahl dünnerer Implantate unter Umständen umgehen, jedoch sind besonders im Seitenzahnbereich hohe Kaukräfte am Werk und die Belastung der Implantate ist dementsprechend hoch.

Einige Mini-Implantate sind daher von den Herstellern nicht freigegeben für den Bereich der Backenzähne, da sie unter starker Belastung brechen können.

Knochenhöhe schwieriger zu verändern

Den Knochen in der Breite aufzubauen ist weniger problematisch als den Knochen in der Höhe anzupassen. Bei zu geringer Knochenhöhe können kurze Implantate verwendet werden. Sind kurze Implantate jedoch keine Option, kann der Aufbau, je nach anatomischen Verhältnissen, schwierig werden.

Wie baut man Knochen auf?

Wie genau funktioniert ein Knochenaufbau eigentlich?

Der Begriff „Knochenaufbau“ fasst verschiedene Methoden zusammen. Man kann den Knochen zum Beispiel durch Spreizung zur Neubildung anregen, einen eigenen oder gespendeten Knochenblock anheften oder kleinere Knochendefekte mit Knochenmehl auffüllen. Je nach Bedarf und Methode stehen auch verschiedene Materialien für die Knochengewinnung/den Knochenersatz zur Verfügung.

Was ist Knochenersatzmaterial?

Man kann eigenen Knochen von einer anderen Stelle des Körpers entnehmen und im Kiefer dort einsetzen, wo man den Knochen braucht. Alternativ dazu (oder zusätzlich) kann man Knochenersatzmaterial verwenden. Dieses Material kann menschlichen, tierischen, pflanzlichen oder synthetischen Ursprungs sein.

Knochenersatzmaterial soll dem eigenen Knochen als Leitstruktur dienen, um in das Material einzuwachsen (Osteokonduktion). Außerdem regt das Material zur Neubildung des Knochens an (Osteoinduktion).

Knochenersatz-Optionen verschiedenen Urpsrungs

Menschlich

Stammt er von einem menschlichen Spender, spricht man von allogenem (homologem) Ersatzmaterial, z.B. aufbereiteter Fremdknochen (FDBA, DFDBA).

Pflanzlich/tierisch

Wird der Ersatz aus tierischem oder pflanzlichem Gewebe gewonnen, ist er xenogen (heterolog), z.B. aus Algen oder Rinderknochen.

Künstlich

Ist der Knochenersatz künstlich hergestellt, ohne menschliche, tierische oder pflanzliche Bestandteile, ist er alloplastisch (synthetisch), z.B. Polymere.

Aufbereiteter Fremdknochen: allogenes Knochenersatzmaterial (homolog)

Der eigene Knochen gilt als Goldstandard für einen Knochenaufbau. Aufwand und Risiko sprechen aber manchmal dagegen. Möchte man trotzdem menschlichen Knochen für den Aufbau nutzen, besteht die Möglichkeit, aufbereiteten, also demineralisierten gefriergetrockneten Knochen von einem Leichenspenderknochen zu verwenden.

USA: Verwendung von Knochen aus Organbanken üblich

Der „DFDBA“ (engl. „Demineralized Freeze-Dried Bone Allograft“, oder „FDBA“ = nicht demineralisiert) wird in den USA routinemäßig verwendet. Insbesondere bei orthopädischen Eingriffen kommt der gespendete Knochen zum Einsatz. In Deutschland gibt es bislang nur einen einzigen Anbieter für „DFDBA“/“FDBA“.

Auch wenn es sich um stark kontrollierte Materialien aus Organbanken handelt, bleibt ein Restrisiko einer Immunreaktion und Übertragung von Erkrankungen (das Risiko, sich durch aufbereiteten Fremdknochen mit HIV zu infizieren ist niedriger als 1:1 Million).

Menschlicher Fremdknochen: zuverlässig für Osteoinduktion

Als Knochen menschlichen Ursprungs bietet das allogene Material optimale Leitstruktur für das Einwachsen des eigenen Knochens. Die Knochenbildung erfolgt schneller, als bei xenogenen oder synthetischen Materialien. Die Knochenneubildung wird durch noch vorhandene Proteine (BMP’s) angeregt. Transplantierte Knochenblöcke sind außerdem volumenstabil. Größere Knochendefekte können damit besonders zuverlässig ausgeglichen werden.

Als Nachteil sind das geringe Restrisiko der Krankheitsübertragung oder Immunreaktion, sowie die höheren Kosten anzusehen.

Xenogenes Knochenersatzmaterial: aus tierischem oder pflanzlichem Gewebe (heterolog)

Die heterologen Ersatzmaterialien werden unter anderem aus Rinderknochen (zum Beispiel Bio-Oss®), Pferdeknochen (beispielsweise Bio-Gen®) oder Algen (Algipore®) hergestellt. Hydroxylapatit, eine Substanz, die im eigenen Körper in den Knochen und dem Zahnschmelz vorkommt, dient den xenogenen Materialien als Grundbaustein.

Material aus Rinderknochen üblich

Das gängigste Produkt ist das bestens dokumentierte Bio-Oss®. Das Einwachsen des eigenen Knochens erfolgt stabil und verlässlich durch die komplexe Struktur des Materials. Das Herstellungsverfahren war zwar wegen der Gewinnung aus Rinderknochen durch den BSE-Skandal in der Diskussion, jedoch wird es wissenschaftlich als ausnahmslos sicher eingestuft.

Generell gilt für alle xenogenen Materialien als Fremdmaterial eine Aufklärungspflicht.

Synthetische (alloplastische) Knochenersatzmaterialien

Als künstlich hergestellter Knochenersatz dienen in den meisten Fällen ß-Tricalciumphosphate. Für verschieden große Knochendefekte sind verschiedene Partikelgrößen erhältlich. Kleine und größere Volumendefekte (wie zum Beispiel bei einem Sinuslift) können gut mit dem künstlichen Material aufgefüllt werden.

Zu den synthetische Materialien gehören unter anderem Kalziumsulfat, Glaskeramik und polymere Zucker (Milchzucker).

Künstliche Materialien gleich gut

Der künstlich hergestellte Knochenersatz leitet zwar (in der Regel) den Knochen zur Durchbauung an, eine Anregung zur Knochenneubildung konnte jedoch nicht nachgewiesen werden. Die guten, wissenschaftlichen Dokumentationen der einzelnen Materialien unterscheiden sich nur wenig voneinander, so dass kein alloplastisches Material als besser anzusehen ist.

Alloplastischer Knochenersatz: kein Risiko der Krankheitsübertragung

Die Durchbauung durch den eigenen Knochen braucht bei künstlichem Knochenersatz länger, als bei allogenem und xenogenem Ersatz. Vorteilhaft für alle, die sich wegen einer Krankheitsübertragung sorgen: Das Risiko einer Krankheitsübertragung o.ä. besteht bei synthetischen Materialien nicht.

Reagenzglaeser und Pipette
Kann Knochen gezüchtet werden?

Knochen durch Proteine zum Wachstum anregen

Anstatt an defekten Knochen Eigenknochentransplantate oder Knochenersatzmaterial anzulagern, wird beim „Bone Engineering“ versucht, durch osteoinduktive Substanzen, den Knochen gezielt zum Wachstum zu anzuregen. Dafür nutzt man die Fähigkeit des Körpers, sich selbst zu heilen.

Ein Knochenbruch heilt mit der Zeit aus, dafür werden vom Körper Proteine produziert, welche für die Knochenheilung und den Knochenaufbau als Botenstoffe dienen.

BMPs heilen Knochenbrüche

Die „Bone Morphogenic Proteins“ (BMP’s) werden in der Medizin genutzt, um Knochenheilungsprozesse gezielt zu beschleunigen.

BMP’s werden zum Beispiel bei Knochenverletzungen von Profisportlern verwendet. Durch die gezielte Unterstützung heilen Frakturen schneller aus.

Knochenzüchtung in der Implantologie: in der Erforschungsphase

Im zahnärztlichen Bereich ist die wissenschaftliche Datenlage bislang zu dünn, um konkrete Angaben über Verfügbarkeit und Dosierung der speziellen Eiweisskörper machen zu können.

Es wird an Implantaten geforscht, die zur schnelleren Einheilung mit BMP’s überzogen sind. Auch die Anreicherung von Kochenersatzmaterial ist in der Erprobungsphase.

Knochenzüchtung außerhalb des Körpers: Tissue Engineering durch Stammzellen

Durch die Entnahme von Stammzellen (multipotente Zellen) aus dem Knochenmark des Patienten oder der Entnahme von bereits differenzierten Osteoblasten (spezielle Knochenzellen, der „Motor“ der Knochenneubildung) aus der Knochenhaut des Kiefers, kann im Labor eine Züchtung in speziellen Brutkästen auf geeigneten Trägern erfolgen.

Nach Wochen der Zellkultivierung können die herangewachsenen Zuchtknochen-Chips eingesetzt werd. Genetisch gesehen bekommt man dann Eigenknochen re-implantiert.

Eigener Knochen stärker als Zuchtknochen

Im Vergleich zu der Entnahme eines Knochenblocks ist die Erstentnahme der Zellen für die Züchtung weniger schmerzhaft.

Nachteilig bei diesem Verfahren sind die hohen Kosten mit der vergleichsweise geringen „Ausbeute“. Durch die wochenlange Züchtung im Labor verzögert sich die Behandlung automatisch. Auch kann der Zuchtknochen nicht die gleiche starke Struktur von „natürlich gewachsenem“ Knochen aufweisen: er ist strukturell schwächer.

Knochenanlagerung mit Knochenmehl, Knochenersatzmaterial

Ist der Knochenmangel in der Breite nur gering, kann ein Knochenaufbau während der Implantation erfolgen.

Knochenersatz wird steril verpackt

Knochen auffüllen, Wunde mit Membran versiegeln

Nach dem Bohrvorgang und Eindrehen des Implantats wird um das teilweise offen liegende Implantatgewinde dann Knochenersatzmaterial oder gewonnener Eigenknochen (während des Bohrvorgangs mit speziellen Filtern aufgefangen), oder aber ein Gemisch aus beiden angebracht. Der fehlende Knochen wird „aufgefüllt“ und mit einer Membran (eine Art Folie) versiegelt, damit eine ungestörte Einheilung stattfinden kann.

Keine weitere OP nötig, Membranen werden abgebaut

Üblicherweise werden zum Versiegeln Membranen genommen, die der Körper vollständig abbaut. Somit ist keine nachträgliche Entfernung notwendig.

Knochenspreizung (Bone spreading)

Auch bei dieser Methode wird die Knochengewinnung während der Implantation erreicht.

Grafische Darstellung einer Spreizung des Kieferknochens Schritt 1 Zahnfleisch wurde eröffnet
Der Kieferknochen wird freigelegt...
Grafische Darstellung einer Spreizung des Kieferknochens Schritt 2 Knochen wurde gespreizt
...in zwei Teile gespreizt...
Grafische Darstellung einer Spreizung des Kieferknochens Schritt 3 das Implantat wurde eingebracht und der restliche Spalt mit Knochenersatzmaterial aufgefüllt
...das Implantat eingebracht und der Spalt mit Knochenmehl aufgefüllt und die Wunde versiegelt.

Ein bewährtes Verfahren ist, den Knochen in zwei Teile zu spreizen und den Spalt mit Knochenersatzmaterial zu füllen. Das Ersatzmaterial gibt dem Knochen eine Leitstruktur, den entstandenen Spalt zu durchwachsen.

Durch feine Meissel, Fräsen oder Sägen wird der Kieferknochen in zwei Teile getrennt (gespreizt). Zwischen das lippenseitige- und das zungenseitige Blatt wird dann das Implantat eingebracht und der entstandene Spalt mit Knochenersatz „aufgefüllt“.

Wunde muss nach dem Knochenaufbau versiegelt werden

Sind die Hohlräume mit Knochenmehl beziehungsweise Knochenersatzmaterial gefüllt, wird auch hier die Wunde mit einer Membran versiegelt.

Das Verschließen der Wunde stellt sicher, dass die Knochenspähne mit dem Knochen verwachsen, die Spähne nicht herausfallen und das Implantat ungestört einheilen kann. Ein sicherer Verschluss der Wunde durch eine Membran schützt vor Infektionen durch Bakterien.

Knochenspreizung durch spezielle Bohrer

Eine weitere Möglichkeit der Knochenspreizung besteht darin, bei Vorbohrung für das Implantat einen Bohrer zu verwenden, der den Knochen nicht abträgt. Stattdessen werden Bohrer mit aufsteigenden Größen verwendet, die den Knochen spreizen.

Knochenspaltung (Bone splitting)

Ist der Kieferknochen zu schmal, um ihn zu spreizen, gibt es eine andere Möglichkeit:

Grafische Darstellung einer Spreizung des Kieferknochens Schritt 2 Knochen wurde gespreizt
Spaltung des Kieferknochens

Nach Spaltung des Kieferknochens in ein lippenseitiges- und ein zungenseitiges Blatt, muss der Spalt weiter aufgespreizt werden, bevor genügend Platz für ein Implantat zur Verfügung steht.

Spaltung quasi Knochenspreizung

Genau wie bei der Knochenspreizung werden die entstandenen Hohlräume anschließend mit Knochenmehl, Knochenersatzmaterial aufgefüllt. Diese Methode ist quasi eine Maximalvariante der Knochenspreizung. Auch hier ist das Versiegeln der Wunde mit einer schützenden Membran unausweichlich, damit der Knochen sicher ausheilen kann.

Implantat darf zunächst nicht belastet werden

Da die Primärstabilität nach diesem Verfahren in der Regel sehr gering ist, darf die Belastung der Implantate erst nach einigen Monaten erfolgen.

Knochenblocktransplantat: Eigener Knochen wird "umgepflanzt"

Ist der Kieferabschnitt für eine Implantation deutlich zu schmal oder zu niedrig, kann für die Aufbereitung ein größeres Knochenstück von einer anderen Stelle entnommen, und mithilfe von kleinen Schrauben an der gewünschten Position fixiert werden.

Größere Knochenblocktransplantate sind aufwändig.

Größere Knochenblöcke: belastende OP

Die Stelle des zu entnehmenden Knochens hängt von der benötigten Größe des Blocks ab. Kleinere Knochenblöcke oder Knochenspähne können in der Regel am aufsteigenden Unterkieferast entnommen werden. Größere Transplantate müssen hingegen aus dem Beckenkamm entnommen werden.

So ein zusätzlicher Eingriff kann belastend sein, auch wenn er in der Regel gefahrlos ist. Mit Schwellungen und Schmerzen nach der Operation ist zu rechnen.

Lange Einheilungszeit des Kieferknochens

Die Einheilung nach einer Transplantation dauert einige Monate, bevor die Belastung durch ein Implantat erfolgen kann. Eine Membran zum Schutz ist auch hier üblich.

Distraktionsosteogenese: Knochengewinnung durch Neubildung nach Auseinanderziehen

Diese Methode stammt aus den 50er Jahren und ist auf den russischen Mediziner Dr. Ilizarov zurückzuführen. Angewandt wurde das Verfahren zur Beinverlängerung.

Ein Knochenaufbau kann belastend sein.

Knochen bildet sich von alleine neu

Für die vertikale Knochengewinnung (Knochen wird in der Höhe aufgebaut) muss der zu niedrige Knochen zunächst in zwei Teile, einen oberen und einen unteren Anteil gespalten werden.

Um den oberen Anteil schrittweise anheben zu können, wird eine Spezialschraube fixiert. So kann die obere Knochenspange etwa 1mm pro Tag angehoben werden. Die Knochenneubildung (Potential zur Bruchheilung) füllt dann den entstandenen Spalt auf.

Schraubenkonstruktion bleibt im Kiefer

Der Nachteil ist, dass die Vorrichtung für die Distraktion einige Wochen im Mund „ertragen“ werden muss. Allerdings bedeutet das auch etwa 10mm neu gewonnene Knochenhöhe in 12 Wochen.

Der Sinuslift: interne und externe Sinusboden-Elevation

Die Kieferhöhle (Sinus maxillaris) befindet sich oberhalb des Gaumens und ist ein Luftraum, der sich nur im Falle einer Entzündung (Sinusitis) bemerkbar macht. Die Kieferhöhle nimmt einen großen Anteil im Bereich des seitlichen Oberkiefers ein, daher erklärt sich auch die „Leichtbauweise“ unseres Kopfes.

Die vertikale Knochengewinnung durch einen Sinuslift stellt eine gesonderte Form des Knochenaufbaus im Oberkiefer-Seitenzahnbereich dar. Genau genommen wird der Kieferknochen nicht aufgebaut, sondern die Kieferhöhle verkleinert und der entstandene Raum mit Knochenersatzmaterial aufgefüllt. Ob kleiner oder großer Sinuslift, der Eingriff ist aufwändig und nicht ohne Risiko.

Alle Infos zum Sinuslift:

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Ausgangslage vor Sinuslift
Die Kieferhöhle befindet sich oberhalb des Gaumens.

Kieferknochen baut sich nach Zahnverlust schnell ab

Nach Zahnverlust im Oberkiefer baut sich der Knochen rasch ab (Atrophie). Im Bereich der hinteren Backenzähne (Zähne 5-7) beträgt die Knochenhöhe dann nur noch wenige Millimeter. Viel zu wenig, um ein Implantat von ausreichender Länge einzusetzen. Sind kurze Implantate nicht möglich, muss ein Sinuslift für die Implantation erfolgen.

Was passiert bei einem Sinuslift?

Um genügend Knochenhöhe zu erreichen, gibt es die Möglichkeit, die Kieferhöhle nach oben zu verschieben (zu „liften“). Um das zu bewerkstelligen, wird der Raum unterhalb der Kieferhöhle mit Knochenersatzmaterial gefüllt. Die Kieferhöhle wird verkleinert, der Knochen wird höher.

Es gibt zwei verschiedene Möglichkeiten, einen Sinuslift durchzuführen: einen externen, und einen internen Lift.

Knochenaufbau zwischen Knochen und Schneiderschen Membran

Die Kieferhöhle ist von einer dünnen Haut bedeckt, die eine Mischung aus Knochen- und Schleimhaut ist: die Schneidersche Membran.

Dieser dünne Schutz produziert Schleim und transportiert ihn durch die Nase ab. Der Knochenaufbau muss zwischen dem Knochen selbst und der Schneiderschen Membran erfolgen. Hierzu muss die dünne Haut, vergleichbar mit der Innenhaut bei einem Ei, behutsam vom Knochen gelöst werden.

Sinuslift: Knochenersatzmaterial füllt Hohlraum auf, nicht den Kieferkamm

Während der Kieferkamm durch Methoden wie Anlagerung durch einen Knochenblock an Höhe gewinnt, findet beim Sinuslift keine tatsächliche Erhöhung des Kieferknochens statt. Die nötige Höhe wird durch Einlagerung von Knochen(ersatz)material in den Kieferhöhlenboden erreicht. Dabei bleibt der Kieferknochen an sich unangetastet.

Großer (externer) Sinuslift

Wie der Name schon vermuten lässt, ist der große Sinuslift die aufwändigere Variante dieser Art des Knochenaufbaus. Anwendung findet es dann, wenn die Restknochenhöhe sehr gering ist, jedoch mehrere Millimeter für eine sichere Implantateinbringung benötigt werden.

Ausgangslage vor Sinuslift
Die Knochenhöhe reicht nicht für ein Implantat aus, ein Sinuslift muss erfolgen.
Sinuslift
Nach dem Sinuslift und der Anlagerung mit Knochenersatzmaterial...
Implantat nach Sinuslift stabil
...kann ein Implantat sicher im Knochen eingebracht werden.

Aufwändiger Eingriff: der große Sinuslift

Um die Kieferhöhle „extern“ erreichen zu können, wird ein Knochenfenster geschaffen. Das Eröffnen von Zahnfleisch  und Mundschleimhaut ist dafür notwendig und erfolgt unter örtlicher Betäubung.

An der freigelegten Kieferhöhlenwand kann dann nach Präparation durch Fräsen und Ultraschallinstrumente die Schneidersche Membran vorsichtig gelöst werden, ohne sie zu verletzen.

Mit speziellen Instrumenten und Fingerspitzengefühl sollte das kein Problem sein. Von dort aus kann dann Eigenknochen und/oder Knochenersatzmaterial zwischen den Kieferknochen und die Schleimhaut eingefüllt werden.

Je nach vorhandenem Knochen: Sinuslift vor oder während Implantation

Die vorhandene Restknochenhöhe entscheidet darüber, ob die Anhebung der Kieferhöhle zeitgleich mit der Implantation  erfolgt (einzeitig). Bei nur wenig vorhandenem Knochen muss der Sinuslift vorher erfolgen (zweizeitig). Das Implantat darf erst nach langer Einheilphase des aufgebauten Knochens belastet werden.

Übrigens

Ist der vorhandene Kieferknochen hoch genug (mehr als 3 mm) , kann das Implantat zeitgleich mit dem Sinuslift gesetzt werden. Der Kieferkamm bietet dem Implantat nur genug Halt, wenn er höher als 3 mm ist. Ansonsten muss der Knochen mit dem Knochenersatzmaterial erstmal stabil verwachsen.

Kleiner (interner) Sinuslift

Auch ein kleiner Sinuslift ist eine anspruchsvolle Aufgabe für den Implantologen

Das auch als „kleiner Sinuslift“ bekannte Verfahren zur Knochengewinnung im Oberkiefer ist ebenfalls anspruchsvoll für den Behandler. Hier erfolgt die Anhebung der Kieferhöhle ohne zusätzliches Knochenfenster.

Lift erfolgt über Implantat-Bohrloch

Auf ein Knochenfenster wie beim großen Sinuslift wird verzichtet. Stattdessen wird die Kieferhöhle mit reichlich Fingerspitzengefühl durch das Bohrloch für das Implantat angehoben.

Raum um das Implantat wird mit Knochenersatz aufgefüllt

Der Implantologe bohrt so weit, dass nur eine dünne Schicht bis zur Kieferhöhle übrig bleibt. Durch spezielle Stössel und einen kleinen Hammer kann dann diese Schicht nach oben in die Kieferhöhle gedrückt werden, ohne die Schneidersche Membran zu verletzen. Das Knochen(ersatz)material füllt dann den entstandenen Raum um das Implantat aus.

Wunde verschließen, Implantat und Knochen einheilen lassen

Nach dem Sinuslift und der Einbringung des Implantats wird die Wunde sicher verschlossen. Das Knochenmaterial und das Implantat müssen einheilen und verwachsen.

Zahnarzt erklärt Patientin ein Röntgenbild
Was kann schief gehen bei einem Sinuslift?

Welche Risiken gibt es bei einem Sinuslift?

Durch die Sinusboden-Elevation besteht das Risiko, die Schneidersche Membran zu verletzen. Ein Riss in der Membran führt dazu, dass das eingebrachte Knochen(ersatz)material in die Kieferhöhle abwandern kann. Einblutungen in den Luftraum sind auch möglich.

Ein Riss kann, wenn er während des Eingriffs entdeckt wird, wieder vernäht werden. Der Sinuslift selbst muss jedoch an dieser Stelle abgebrochen werden.

Riss in der Membran bleibt unentdeckt: Probleme vorprogrammiert

Es kann auch sein, dass die Schneiderische Membran verletzt wird, ohne dass es der Behandler während der OP bemerkt. Ein Riss in der Membran kann auch erst später entstehen. Wandert das eingebrachte Knochenersatzmaterial in die Kieferhöhle ab, kann es dort zu chronischen Entzündungen und/oder Infektionen kommen.

Eine anschließende Entfernung der gestreuten Fremdkörper aus dem Luftraum ist mitunter sehr aufwändig.

Welche Alternativen zum Sinuslift gibt es?

Bei nicht ausreichender Kieferknochenhöhe ist ein Sinuslift nicht der letzte Ausweg für eine Implantatversorgung. Mittlerweile werden auch kurze Implantate (Implantatlänge von 6mm) als ausreichend eingestuft.

all-on-4
Bei Zahnlosigkeit ist das All-on-4-Konzept eine Alternative zum Sinuslift.

Implantate schräg einbringen

Je nach Ausgangslage ist eine Positionierung der Implantate weiter hinten am Tuber möglich. Bei Zahnlosigkeit ist das All-on-4®-Konzept eine Alternative zum Sinuslift. Die Implantate werden bei diesem Konzept schräg in knochenreiche Regionen des Kiefers eingebracht.

Herkömmlicher Zahnersatz statt Implantate

Einfacher herausnehmbarer Zahnersatz, hochwertige Zahnprothesen oder der Verzicht auf die hinteren Backenzähne sind als Alternative zu einem Sinuslift natürlich auch eine Option.

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